Die Mauereidechsen an der Burg Hardenberg

Die Mauereidechsen an der Burg Hardenberg

MATHIAS KOTHE & KATHARINA MIEHE
April 2009


Die Burg Hardenberg liegt etwa 10 km nördlich von Göttingen bei Nörten-Hardenberg in Südniedersachsen. Laut der Veröffentlichung von U. SCHULTE et al. 2008, Allochthone Vorkommen der Mauereidechse (Podarcis muralis) in Deutschland, gibt es dort eine Mauereidechsenpopulation. Kurz vor Ostern hatten wir die Möglichkeit, bei herrlichem Frühlingswetter einen kurzen Ausflug dorthin zu unternehmen. Wir kamen gegen Mittag an der Burg an und sahen schon am Parkplatz von weitem die erste Mauereidechse die Mauer hinauf klettern. Schnell entdeckten wir die nächste und noch eine weitere. Insgesamt hielten sich in dem Bereich um das Haus herum mindestens 5 erwachsene Tiere auf.

Abb. 1 Mauereidechsen-Habitat an der Burg Hardenberg

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Abb. 2 Mauereidechse (Weibchen)
Abb. 2 Das Gebiet um die Burg Hardenberg hat einen gewissen südländischen Flair und erscheint für Mauereidechsen wie geschaffen.

Abb. 4 Die Eidechsen waren überall unterwegs, auch auf dem Boden am Parkplatz.

Daraufhin umrundeten wir die Burg auf dem unterhalb verlaufenden Weg, sahen dort aber nur eine einzige Mauereidechse (Abb.5+6). Ich habe am Wegesrand aber mehrfach etwas weghuschen gehört, konnte es nur leider im Laub nicht mehr entdecken. Ich vermute aber, daß es sich dabei wahrscheinlich um junge Mauereidechsen gehandelt hat.

Abb. 5 Weg unterhalb der Burg.
Abb. 6 Die einzige Mauereidechse, die wir in der direkten Nähe der Burg sahen.

Abb. 7 Die Burgruine vom Weg aus.

Anschließend sind wir den Weg entlang am Turnierplatz und dem Burghotel ca. 200 Meter in Richtung Bishausen abgegangen und haben auch dort einige Eidechsen angetroffen (3 oder 4). Auf der Burgruine selber sind wir nicht gewesen, da die Begehung nur im Rahmen einer Führung möglich ist und wir dafür nicht genügend Zeit hatten. Es ist aber wohl anzunehmen, daß sich dort ebenfalls Mauereidechsen aufhalten.

Abb. 8

Abb. 9

Abb. 10

Abb. 11

Abb. 12 Mauereidechsen Weibchen
Abb. 13 Männchen mit zwei Weibchen.

Abb. 14 Pärchen
Abb. 15

Abschliessender Eindruck:

Die Burg Hardenberg ist ein schöner Ort und ein lohnendes Ausflugsziel. Wir haben etwa 10-12 Mauereidechsen gesehen, darunter überwiegend Männchen, ca 3-4 Weibchen und keine Jungtiere oder Halbwüchsigen. Wie weit sie sich ausgebreitet haben, konnten wir bei unserem kurzen Besuch nicht herausfinden. Dem Eindruck nach könnten sie aber in der Umgebung (z.B. entlang der Wege oder der Straßenböschung) durchaus weiter vorgedrungen sein. Die angrenzende Parkanlage scheint aber kein geeigneter Lebensraum. Bei unserem etwa 1/2-stündigen Spaziergang durch die Anlage haben wir jedenfalls keine Eidechsen gesehen.

Auffällig finde ich, daß manche Individuen eine leichte Verdickung und auffallende Schuppung im oberen Drittel des Schwanzes aufweisen (in Abb.8,12,13,14 zu erkennen).

Abbildungen:

© Mathias Kothe, 2008-2009
© Katharina Miehe, 2008-2009


Literatur:

SCHULTE, U., THIESMEIER, B., MAYER, W. & S. SCHWEIGER (2008): Allochthone Vorkommen der Mauereidechse (Podarcis muralis) in Deutschland. – Zeitschrift für Feldherpetologie, 15: 139-156.


Nachtrag 2.7.2009:

Vor Kurzem ist eine Probe dieser Mauereidechsen genetisch untersucht worden (Dr. Werner Mayer, Naturhistorisches Museum Wien). Demnach gehören diese Tiere zu einer Gruppe, die im Wesentlichen Westfrankreich bewohnt, aber ebenso die östlichen Pyrenäen und den Nordosten Spaniens und somit der Unterart Podarcis muralis merremius/brogniardii zuzuordnen sind.

Nachtrag 3.5.2011

ULRICH SCHULTE, Mai 2011

Bei der bundesweiten Herkunftsbestimmung eingeschleppter Mauereidechsen-Populationen konnte interessanterweise ein bisher unbekanntes Neozoon für Deutschland nachgewiesen werden (SCHULTE et al. 2011). Innerhalb der in Nörten-Hardenberg, Südniedersachsen eingeschleppten westfranzösischen Mauereidechsen Population fanden sich Haplotypen der Katalonischen Mauereidechse (Podarcis liolepis). Um die Herkunft dieser Population möglichst genau zu rekonstruieren und der Frage nach einer möglichen Hybridisierung nachzugehen, wurden 21 Individuen sequenziert (cytb Gen, mtDNA) sowie 90 Individuen mit Hilfe von 11 Mikrosatelliten innerhalb der eingeschleppten und innerhalb potentieller Ursprungspopulationen im natürlichen Areal in Südfrankreich genotypisiert (SCHULTE et al., eingereicht). Es konnte kein Genfluss zwischen beiden Arten weder in den natürlichen noch in der invasiven Mischpopulation festgestellt werden. Beide Arten konnten eine hohe genetische Diversität innerhalb der eingeschleppten Population konservieren. Die eingeschleppte P. l. liolepis Population zeigte sogar eine höhere genetische Diversität als die natürliche Population aus Südfrankreich. Erklären lässt sich dieses Muster mit der Lage der natürlichen Population am nördlichen Arealrand der Art (Labeaume) sowie dem Ursprung der eingeschleppten Population, welcher im Zentrum des Gesamtareals der Art (südliche Ausläufer der Pyrenäen) zu suchen ist. Beide Arten konnten sich innerhalb einer syntopen Population in Südniedersachsen etablieren und zeigen stabile effektive Populationsgrößen (Ne), welche bei der morphologisch konkurrenzstärkeren und in interspezifischen Interaktionen aggressiven P. muralis jedoch wesentlich erhöht ist. Die Koexistenz beider nah verwandter Arten in ihrem neuen Lebensraum beruht vermutlich auf einer unterschiedlichen Mikrohabitateinnischung.

Abb. 16 (Männchen)


Abb. 17 (Männchen)

Abb. 18 (Männchen)

Abb. 19 (Weibchen)

Abb. 19 (Paarung)

Ein Artikel zu diesem Thema ist eingereicht:

SCHULTE, U., GASSERT, F., GENIEZ, P., VEITH, M. & A. HOCHKIRCH (eingereicht): Origin and genetic diversity of an invasive wall lizard population and its cryptic congener

Literatur:

SCHULTE, U., HOCHKIRCH, A., LÖTTERS, S., RÖDDER, D., SCHWEIGER, S., WEINMANN, T.& M. VEITH (2011): Cryptic niche conservatism among evolutionary lineages of an invasive lizard. - Global Ecology and Biogeography, dx.doi.org/10.1111/j.1466-8238.2011.00665.x

Nachtrag 24.7.2013

JOHNS SCHULZ, Juli 2013

Am 21.07.2013 besuchte ich die Burg Hardenberg. Als ich morgens um sieben Uhr dort an kam, war es relativ kalt und nebelig. Nach dem sich der Nebel aufgelöst hatte, wurde es jedoch sehr warm.
Die ersten Mauereidechsen (Podarcis muralis brongniardii) konnte ich bereits unten am Parkplatz an der halbrunden Mauer beobachten. Auf einer Strecke von ca. 60 Metern fand ich acht Tiere. Oben an der Burg fand ich weitere 17 Exemplare. Die meisten davon am Fuß der Mauer. Dort konnte ich direkt vor meinen Füßen rasante Verfolgungsjagden beobachten. Mitten im Gewühle sonnte sich eine Zauneidechse (Lacerta agilis). Dann hatte ich noch das Glück auch eine Katalonische Mauereidechse (Podarcis liolepis) fotografieren zu können. Ich beobachtete das Tier, wie es von der Burg herunter kletterte. Die Burg Hardenberg ist der einzige bekannte Standort dieser Art in Deutschland (SCHULTE et al, 2011).
Dort, wo die Führungen stattfinden, war ich nicht. Ab etwa zehn Uhr waren dann kaum noch Eidechsen zu sehen. Ich vermute, dass es den Tieren inzwischen zu warm geworden war.

Nachfolgend eine kleine Bildauswahl dieser Exkursion:

Abb. 20 / 21: Podarcis muralis brongniardii

Abb. 22: Podarcis muralis brongniardii

Abb. 23 / 24: Podarcis muralis brongniardii

Abb. 23 / 24: Habitate an der unteren Burgmauer und Lacerta agilis

Abb. 25 / 26: Podarcis liolepis